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Gedanken zum Gedicht: K. Michel - Het magerebrugwonder

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Het magerebrugwonder

De eerste twee boten passeerden vlot
maar de derde was een diep geladen aak
die zo traag naderde dat (cadeau Karin
pasta, room, boontjes, loodgieter bellen)

Plotseling doemt de aak dichtbij op
en zie ik dat hij geheel gevuld is
met water dat in springerige golfjes
uit het donkere ruim over de boorden stroomt

Boven de wachtende mensen
is de moeheid van de werkdag uitgegroeid
tot een bijna zichtbare tros tekstballonnen

Verwikkeld in gedachten en beslommeringen
zien we niet dat uit de aak
al het water van de Amstel opwelt
Incognito drijft de bron van de rivier voorbij

uit: K. Michel: Waterstudies, Meulenhoff: Amsterdam 1999


Das Wunder an der Mager Brücke

Die ersten beiden Boote fuhren rasch hindurch
aber das dritte war ein vollbeladener Lastkahn
der so langsam näherkam, daß (Geschenk Gerda
Pasta, Rahm, Bohnen, Klempner anrufen)

Plötzlich ist der Lastkahn ganz nah
und ich seh, daß er bis zum Rand gefüllt ist
mit Wasser, das in munteren Wellen
aus dem dunklen Frachtraum übers Deck strömt

Über den wartenden Menschen
ist die Müdigkeit vom Arbeitstag angewachsen
zu einer beinahe sichtbaren Sprechblasentraube

In Gedanken und Alltagspflichten verstrickt
sehen wir nicht, daß aus dem Lastkahn
alles Wasser der Amstel entspringt
Incognito treibt die Quelle des Flusses vorüber

Übersetzt von Gregor Seferens


Gedanken zum Gedicht

Die über den Arbeitstag angewachsene Müdigkeit. Noch schnell ein paar Besorgungen machen und dann nach Hause. Das Warten auf das Durchfahren der Schiffe an der hochgezogenen Brücke. Das Eindösen über den Gedanken an die alltäglichen Sorgen und Pflichten.
In diesem Augenblick des Wegdämmerns, der erschöpften Aufmerksamkeit, öffnet sich ein Spalt in der Wahrnehmung, geschieht in einem Augenwinkel etwas ungewöhnlich Wesentliches, das gerade soweit ins Bewusstsein dringt, dass es zu einer vagen Vermutung wird. Der Glauben, dass man beinahe einen Blick in eine zweite, dritte Wirklichkeit hätte erhaschen können.
Dann kippt der Moment und das Gedicht: „wir“ sehen es gar nicht! Keiner kann das Wunder an der Mager Brücke sehen – außer mir, dem Leser dieses Gedichts, der der Suggestion des Dichters folgt, dessen lyrisches Ich das Wunder sieht und nicht sieht. Das Treffen von Autor und Leser im Paradoxon des Gedichts.

K. Michel (1958) schreibt Lyrik, Essays und Erzählungen. 1989 debütierte er mit Ja! Naakt als de stenen. Für sein Werk wurde er mehrfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet. 2010 erschien sein insgesamt achtes Buch, der Gedichtband Bij eb is het eiland groter,  für den er den Awater poëzieprijs erhielt.
Weitere Informationen zu Autor und Werk sowie Gedichte in Original und Übersetzung zum Nachlesen und -hören findet man auf lyrikline (deutsch) und poetry international (englisch).

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